Das Rathaus – Via Ferruccio

 

Das Gebäude der Gemeindeverwaltung beziehungsweise des Ältestenrates befand sich in der Nähe des Tors zur Landseite. Das Volk nannte es den "Palazzaccio" (den 'ollen' Palast). In den dreißiger Jahren des 15. Jahrhunderts wurde die Errichtung eines neuen Gebäudes beschlossen, das würdiger sein und die Erfordernisse der Gemeinde besser abdecken sollte. Die Aufgabe wurde an Nanni di Magio aus Terranova im oberen Arnotal vergeben, der auch die Bürgerrechte von Piombino annahm. Das Werk wurde 1441 abgeschlossen. Architektonisch gesehen ist das Gebäude im Stil von Pisa gehalten, sehr einfach, mit rechteckigen Fenstern und einem Flachdach mit einer Umrandung aus rechteckigen Zinnen. Der Sitzungssaal des Ältestenrates dient noch heute als Sitzungsraum für den Gemeinderat. Im Laufe des Umbaus im 20. Jahrhundert entdeckte man in diesem Saal eine große Nische mit einem Wandbild, das die Stillende Madonna zeigt; der Maler ist unbekannt,  das Werk lässt sich jedoch auf das sechste Jahrzehnt des 15. Jahrhunderts datieren; aufgefunden wurden auch Wappen der Gemeinde und von Donna Paola Colonna, Ehefrau des Gherardo Appiani, der diesen Herrschaftsbereich im Jahre 1399 gegründet hatte.

Im 16. Jahrhundert wurde die Errichtung des Stadtturms beschlossen, der neben dem Rathaus stehen sollte, mit einer öffentlichen Uhr und einer Glocke an der Spitze. Die Glocke, die wir jetzt sehen, stammt aus dem Jahre 1778 und wurde durch den Glockengießer Luca Antonio Magni hergestellt. Ihre Verzierungen zeigen die Namen der seinerzeit amtierenden Ältesten und das Bild der Heiligen Anastasia, Schutzpatronin der Stadt.

Zu Beginn des 20. Jahrhunderts war das Gebäude baufällig geworden, und mit Zustimmung der Bauoberaufsicht wurde eine vollständige Renovierung beschlossen, die im Jahr 1933 aufgenommen wurde. Die Bauleitung wurde dem Architekten Egisto Bellini (Bauamt Siena) anvertraut, der eine drastische Umwandlung des architektonischen Aussehens des Gebäudes plante. Aufgegeben wurde der einfach gehaltene pisanische Stil, ersetzt durch den neugotischen Stil aus Siena, mit Türen und Fenstern in Spitzbogenform nebst einer mittigen Säule mit Kapitell. Der Glockenturm wurde vollständig abgerissen und neu errichtet, wobei in gewisser Weise der Turm von Mangia auf dem Piazza del Campo in Siena imitiert wurde.

Das Rathaus befindet sich in jener Straße, die bis zum Jahre 1876 als Via di Valle bekannt war (nun trägt sie den Namen Via Ferruccio), denn sie führte abwärts vom Hügel des Kastells bis zur Hauptstraße der Stadt. Die Person "Ferruccio" ist nichts anderes als Francesco Ferrucci, der florentinische Condottiere, der durch Maramaldo in der Schlacht von Gavinana im Jahre 1530 getötet wurde, in der – jedoch fruchtlos - die Freiheit von Florenz verteidigt werden sollte. Ferruccio war der Name, den seine Truppen ihm gegeben hatten, und nicht zufällig finden wir seinen Namen in unserer Stadt wieder: der florentinische Historiker Ugolino Verini sieht hier die Ursprünge der Familie Ferrucci.

Wenn man die Straße hinaufsteigt, kommt man zum "Casa delle Bifore", Sitz des historischen Archivs; das Haus wurde aufgrund der besonderen zweiteiligen Fenstergestaltung benannt. Das Haus ist das einzige Beispiel für ein Turmhaus aus dem 14. Jahrhundert mit drei Stockwerken; es endete oben mit rechteckigen Zinnen, ausweislich der alten Zeichnungen. Zusätzlich zu den Büchern der Gemeinde, die ab dem Anfang des 15. Jahrhunderts verfasst wurden, befinden sich im Casa delle Bifore zahlreiche Archive von Institutionen, Stiftungen, Gesellschaften und berühmten Personen.